Wenn alle zum Geschenke kaufen
durch die volle City laufen,
die Sohlen von den Schuhen wetzen
und nach den besten Schnäppchen hetzen,
später beim Pralinenwiegen
ihre Weihnachtsdepri kriegen –
ja, dann kommt das Fest der Stille,
zur Not auch mit Beruhigungspille…
Wenn Du fertig bist mit Jagen,
die Hände können nichts mehr tragen,
der Kopf ist leer wie’s Portemonnaie,
dann fehlt nur noch ein wenig Schnee,
um mit den Lieben still daheim
im Kampfmodus allein zu sein.
Jetzt kommt aus all‘ den tiefen Schlünden
ohne Kenntnisse von Gründen
der ganze Frust und Hass ans Licht,
der die Stille jäh zerbricht.
Es wirkt das Dunkle unbeschränkt,
Herzen werden tief gekränkt
und so wird bald der Heil’gen Nacht
gänzlich der Garaus gemacht.
Man erinnert sich der Klage:
„Gefährlich sind die Weihnachtstage“ –
seitdem der tiefe Sinn entschwunden,
ward es nicht festlich mehr empfunden.
Nicht das Rennen, Hetzen, Schenken
war die Botschaft uns’res Herrn –
er wollt‘ uns in die Liebe senken,
wenn wir Seine Botschaft hör’n.
So komm zurück, Du stilles Fest,
Du Ruhe, die genießen lässt,
nimm alles von uns, was uns stresst –
doch bitte gib uns nicht den Rest!
Heinrich Remagen, Weihnachten 2017
Remagenlicht, Köln